37. Wörthsee - Triathlon Sonntag 30. Juli 2023
Prof. Dr. med. Axel Preßler Facharzt für Kardiologie, Innere Medizin und Sportmedizin in München kardiologie-mit-herz.de

„Mensch, beweg dich!“

Ein Gespräch mit Prof. Dr med. Axel Preßler über Sport, Gesundheit und SARS-CoV-2

April 2021 Lieber Axel, herzlichen Dank, dass du dir die Zeit nimmst um einige Fragen in Zusammenhang mit Sport und SARS-CoV-2 zu beantworten. Wir kennen uns seit einigen Jahren, seitdem wir zusammen an einer großen Studie im Rahmen des München-Marathons mitgewirkt haben. Da du dich einer evidenzbasierten Medizin verschrieben hast und sozusagen immer auf dem neuesten Stand bist, schätze ich den Austausch mit dir immer sehr. Woher bekommst du als Arzt und Wissenschaftler verlässliche Informationen? Lieber Maxi, erst einmal auch von mir herzlichen Dank für die Einladung zu diesem Gespräch. Eine wichtige Quelle sind für mich z.B. die Newsletter klassischer wissenschaftlicher Zeitschriften aus der Kardiologie und Sportmedizin, anhand derer ich mir spannende und neue Artikel selektieren kann. Außerdem bin ich Mitglied in mehreren Fachgesellschaften, über die ich monatlich auch per Post aktuelle Zeitschriften erhalte. Wichtig ist auch der Austausch mit FreundInnen und KollegInnen aus der Sportkardiologie, welche ich durch jahrelange Tätigkeit in Gremien und Arbeitsgruppen kennen und schätzen gelernt habe. Und zu guter Letzt halte ich selbst auch recht viele Vorträge, bei denen man quasi „gezwungen“ ist, immer das Neueste zum Wissenstand zu präsentieren. Ich möchte gleich zu Beginn mit der wahrscheinlich wichtigsten Frage starten. Was sind denn nach jetzigem wissenschaftlichem Stand die wichtigsten Maßnahmen, die man für sich selbst tun kann, um sich gegen eine Erkrankung durch SARS-CoV-2 zu schützen? Ganz allgemein sind dies natürlich schon die von der Politik und Wissenschaft empfohlenen Maßnahmen der AHA-Regel (Abstand + Hygiene + Alltagsmaske). Aus meiner speziellen fachlichen Sicht halte ich regelmäßige Bewegung drinnen und natürlich vor allem auch draußen für extrem wichtig, da wir mittlerweile wissen, dass eine gute Fitness vor schweren Krankheitsverläufen schützt.1 Ohnehin stärkt regelmäßige Bewegung das Immunsystem.2 Auch empfehle ich Sportlern, auf einen normalen Vitamin D- Spiegel zu achten, da bei uns häufig ein Mangel besteht und es einige Daten gibt, die auf einen Zusammenhang zwischen Vitamin D-Mangel und COVID-19 hinweisen.3 Für die Leistungsfähigkeit ist ein normaler Spiegel ohnehin gut.4 Darüber hinaus ist eine gesunde, frische und pflanzlich orientierte Ernährung sicher eine sehr wichtige allgemeine Maßnahme, vor allem sollte der Anteil entzündungsfördernder Speisen gering gehalten werden, auch wenn wir hier noch keine direkten Beweise haben, dass dies speziell gegen COVID-19 hilft (Vermeiden von rotem oder verarbeitetem Fleisch, raffinierten Kohlenhydraten - Weißmehl, Nudeln, Zucker, Reis etc. und Süßgetränken).5 Und zu guter Letzt kann allgemein auch eine ausreichende Schlafdauer von 7-9 h helfen: so wissen wir, dass bei geringerer Dauer oder gestörtem Schlaf die Abwehrlage deutlich reduziert wird.6 7 Toll, dass Sport vor einem schweren Krankheitsverlauf schützt. Ich denke es ist für uns beide nicht sehr überraschend, aber trotzdem ist es schön, wenn dies noch einmal bestätigt wird. Auch die Studie von Robert Sallis belegt dies auch noch einmal sehr eindrücklich. Schon 150 min sportliche Aktivität (flottes spazieren gehen oder Gartenarbeit sind schon ausreichend) jede Woche, senkt das Risiko durch SARS- CoV-2 tödlich zu erkranken um das 2,5-fache. Sehr bemerkenswert an den Ergebnissen der Studie ist, dass diese Schutzwirkung durch Bewegung auch bei stark übergewichtigen Menschen vorhanden ist, obwohl dies ja als der größte Risikofaktor für einen schweren Krankheitsverlauf gilt.8 Da kann man eigentlich nur als Fazit feststellen: Mensch, kehre zurück zu deinen Wurzeln, beweg dich! Das Nonplusultra für unser Immunsystem, ist meiner Meinung nach, wie von dir schon angesprochen, die Bewegung draußen in der Natur. Aus Japan, dort gibt es tatsächlich eine Tradition des „Waldbadens“, gibt es diesbezüglich einige Studien über die Auswirkungen auf unser Immunsystem. Bei Teilnehmern eines zweitägigen Aufenthalts im Wald wurde z.B. eine Zunahme der natürlichen Killerzellen im Blut um 50 Prozent festgestellt, wobei diese Wirkung immerhin noch für einen Monat anhielt.9 Bewegung in der Natur wie Wandern, Laufen oder Fahrradfahren hat ja durchaus geboomt, was wohl auch am Mangel an anderen sportlichen Möglichkeiten gelegen hat. Leider konnte ja nicht jeder durch die politischen Einschränkungen in den letzten Monaten seine Sportart betreiben, u.a. Fitnessstudios und Schwimmbäder mussten geschlossen bleiben und auch alle Mannschaftssportarten durften nicht durchgeführt werden. Ja, das ist ein wirkliches Problem, auch wenn die exakten Auswirkungen in einer speziellen Studie bisher noch nicht untersucht wurden. Allerdings – Bewegungsmangel war ja auch schon vor Corona ein gravierendes Gesundheitsproblem, und dazu gibt es wirklich hunderte, wenn nicht tausende Studien! Und das wird sicher nicht besser durch den monatelangen Lockdown. Gerade Untrainierte werden sich nicht speziell motiviert fühlen, mit dem Sport zu beginnen, wenn die Einrichtungen geschlossen sind, denn sie hatten ja vorher schon Schwierigkeiten, sich zu individuellem Sport zu motivieren. Und damit fängt ein Teufelskreis an – denn Bewegungsmangel verstärkt Krankheiten wie Fettleibigkeit, Diabetes und Bluthochdruck, welche wiederum klare Risikofaktoren für eine Infektion mit dem Coronavirus und für einen schweren Krankheitsverlauf sind. Alleine in den USA weisen 2/3 aller stationär behandelten COVID-19- Patienten diese Risikofaktoren auf!10 Besonders schlimm ist dies auch für Kinder und Jugendliche, die ja selbst bereits verbreitet Übergewicht und Bewegungsmangel aufweisen und denen nun Sportvereine oder auch allgemein gemeinsame Aktivitäten im Freien seit Monaten fehlen. Darunter leiden auch die in jungen Jahren so wichtigen sozialen Kontakte und die Persönlichkeitsentwicklung. Und zwangsläufig nimmt die ohnehin schon problematische Dauer-Benutzung elektronischer Geräte massiv zu. Diese Entwicklung konnte in ersten Studien schon eindrücklich gezeigt werden.11 12 Schwierig zu beantworten ist natürlich die Frage, inwieweit sich dieses Risiko gegen das einer Infektion mit dem Coronavirus abwägen lässt. Wie wir mittlerweile wissen, kann ja auch eine solche Infektion zu langfristigen Folgen wie chronische Müdigkeit mit Bewegungsmangel führen. Sicher ist es aber trotzdem falsch, aus diesem Grund auf regelmäßige Bewegung zu verzichten, zumal diese ja sogar ein Schutzfaktor vor schweren Krankheitsverläufen darstellt (s.o.). Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention warnt daher eindringlich vor den Risiken des coronabedingten Bewegungsmangels und hat u.a. Quellen zusammengetragen, auf welche Weise sportliche Aktivitäten trotzdem umgesetzt werden können.13 Aus meiner Praxis muss ich allerdings durchaus auch positiv hervorheben, dass es auch viele Menschen gibt, die den Lockdown für vermehrte sportliche Aktivitäten nutzen konnten, zumindest sind Individualsportarten wie Walking, Laufen oder Radfahren weiterhin ja sehr gut umsetzbar, wenn nicht sogar besser als zuvor. Für viele von uns war das letzte Jahr eine ziemliche Herausforderung. Die Sorge vor den Folgen einer Infektion mit dem Virus oder um die berufliche Existenz, gestresste Eltern - nur um ein paar Beispiele zu nennen. Wie wirkt sich denn Stress auf unser Immunsystem im Allgemeinen und speziell bzgl. einer Erkrankung durch SARS-CoV-2 aus? Dass Stress- bzw. Angstgefühle das Immunsystem schwächen können, ist schon lange bekannt und auch durch zahlreiche Studien belegt, sogar direkt in die Genetik kann dies eingreifen. So wird durch Angst zum Beispiel ein wichtiges Gen (ASB-1) reguliert, welches wiederum in die Bildung von Abwehrzellen eingreift.14 Bisher wurde allerdings noch nicht eindeutig wissenschaftlich bewiesen, dass dies die Ansteckungsrate mit dem Coronavirus tatsächlich erhöht, aber rein theoretisch ist dies natürlich durchaus denkbar. Gerade der psychische Stress, der für viele durch die Angst vor einer Infektion, durch die Isolation im Lockdown oder durch berufliche Unsicherheiten entsteht, könnte hier sicher auch eine negative Spirale in Gang setzen. Überhaupt hängen Sport und Psyche ja sehr eng zusammen, und die Situation für viele Menschen während der Corona-Pandemie ist in dieser Hinsicht herausfordernd. Ein probates Gegenmittel kann sicher aber auch gerade der Sport sein, der auch im Hinblick auf das psychische Wohlbefinden zahlreiche positive Effekt aufweist.15 Du hast mir erzählt, dass zu dir immer wieder Patienten zum Check-Up nach einer Erkrankung mit SARS- CoV-2 in die Praxis kommen. Worauf sollte man denn als Sportler nach einer durchgemachten Erkrankung achten? In erster Linie sollte man alle eventuellen Symptome auskuriert haben und gut auf seinen Körper hören. Wenn man sich noch nicht gut fühlt, sollte man mit dem Trainingsbeginn noch warten; selbstverständlich ist wohl ohnehin ein langsamer Beginn mit 1-2 Wochen Grundlagenaufbau vor Intensivierung. In der Regel werden heute je nach Schwere der Erkrankung 2-4 Wochen Pause empfohlen, bevor wieder mit Sport begonnen wird.16 Eine Untersuchung davor mag nicht in jedem Fall zwingend sein, wird aber derzeit noch selbst beschwerdefreien Sportlern sicherheitshalber angeraten, da immer noch etwas Unsicherheit darüber besteht, ob nicht doch Organveränderungen durch die Infektion aufgetreten sein könnten. In erster Linie betrifft dies Herzmuskelentzündungen, welche leider ja auch einmal unbemerkt ablaufen können, wenn zum Glück auch selten. Sportler können diesbezüglich vielleicht etwas aufatmen: ganz so häufig wie man zuerst befürchtet hatte, sind Folgen wie Herzmuskelentzündungen insgesamt nicht, aber immerhin doch in ca. 1% der Fälle.17 Also bleibt eine Untersuchung nach einer Erkrankung in jedem Fall sinnvoll. In meiner Alltagserfahrung sind auch zum Glück die meisten Corona-Checks unauffällig, dennoch fallen mir immer wieder Veränderungen wie Herzrhythmusstörungen oder Lungenfunktionseinschränkungen oder länger bleibende Müdigkeit oder Kurzatmigkeit auf, so dass wir mittlerweile auch nochmalige Untersuchungen nach einigen Monaten in solchen Fällen anraten. Nicht vergessen sollten wir, dass dies natürlich auch schon immer bei anderen Infektionskrankheiten wie der Grippe ein Thema war. Allerdings gilt es mittlerweile als erwiesen, dass die Komplikations- und Sterberate bei COVID-19 höher als bei Influenza ist.18 Daher sollte man hier sicher noch vorsichtiger sein. Gerade auf dem Weg mit dem Rad zu deiner Praxis sind mir an der Isar zwei Maske tragende Rennradfahrer begegnet. Fahrradfahrer, die vom Einkaufen kommen und noch die Maske tragen, sieht man auch des Öfteren, meist dafür ohne Helm, obwohl das statistische Risiko für einen schwerwiegenden Fahrradunfall vermutlich wesentlich höher ist, als an SARS-Cov-2 schwer zu erkranken. Ist denn das Tragen einer Maske bei sportlichen Betätigungen unbedenklich? Abgesehen davon, dass wohl den meisten Sportlern das Atmen durch die Maske subjektiv deutlich schwerer fallen dürfte, besteht aus objektiver medizinischer Sicht für gesunde Sportler im Rahmen moderater Aktivitäten prinzipiell keine messbare Gefahr. Einer italienischen Studie zufolge wurden mit und ohne Maske bei Ergometertests zwar durchaus Unterschiede in der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max) sowie der Lungenbelüftung beobachtet, allerdings veränderte sich die Blutsauerstoffkonzentration dadurch nicht signifikant. Man muss allerdings mit einer Leistungseinbuße von ca. 10% rechnen.19 Bei intensiven Belastungen kann es aber durchaus zu einem Stau von Kohlendioxid in der Ausatemluft und konsekutiv zu einer verstärkten Wieder-Einatmung kommen, so dass die Konzentration dieses „Abfallgases“ in der Lunge zu hoch wird. Dies kann Kopfschmerzen, Schwächegefühl und Übelkeit auslösen. Sofortiges Abnehmen der Maske und mehrfaches Durchatmen hilft hier aber rasch. Interessanterweise kann dies aber auch positive Effekte haben: Zeitweises Training unter erhöhter Kohlendioxidbelastung kann zu einer Verbesserung der Atemanpassung führen und die Ermüdung der Atemmuskeln verzögern – Experimente sollte damit aber meines Erachtens nicht machen. Für Menschen mit Lungenerkrankungen oder Herzschwäche kann dies auch durchaus problematisch werden, da bereits ohne Maske eine eingeschränkte Atemsituation mit geringerer Aufnahme von Sauerstoff vorliegen kann. Diese sollten Sport mit Maske, wenn überhaupt, nur in geringer Intensität ausüben. Ein wichtiger Punkt ist natürlich schon, dass das Tragen einer Maske beim Fahrradfahren nicht davon ablenken sollte, andere Sicherheitsmaßnahmen wie das Tragen eines Helmes zu missachten. Zudem kann die Maske verrutschen oder eine eventuell getragene Brille schneller beschlagen, so dass der Vorteil eines besseren Infektionsschutzes zu Lasten einer erhöhten Unfallgefahr gehen kann. Insgesamt empfehle ich, bei sportlichen Aktivitäten auf das Tragen einer Maske zu verzichten, sofern die Distanz zu anderen Menschen dies ermöglicht, und ansonsten nur moderate Bewegungsformen auszuüben, bei denen allgemeine Sicherheitsvorgaben natürlich weiterhin ebenfalls einzuhalten sind. Unsicherheit besteht bei vielen bzgl. der Immunität nach einer durchgemachten Erkrankung. Gibt es hierzu inzwischen verlässliche Daten, wie lange diese durchschnittlich anhält? Erste Studien haben mittlerweile gezeigt, dass es bei einer Mehrheit der Erkrankten offenbar zumindest zu einigen Monaten bleibender Immunität nach einer Erkrankung kommt.20 Ein Indikator dafür kann der Nachweis von Antikörpern sein, aber ganz verlässlich ist das sicher leider nicht. Auch nach dem Verschwinden von Antikörpern wird ja noch eine bleibende Immunität nicht ausgeschlossen, die dann über spezielle Abwehrzellen läuft. Neuerdings kann man dies sogar auch messen, d.h. man bestimmt unabhängig von den klassischen Antikörpern, ob sich solche Abwehrzellen gegen das Coronavirus gebildet haben. Allerdings ist leider auch noch nicht ganz bekannt, ob der Nachweis solcher Zellen zu einer bleibenden Immunität führt. Du sprichst hier von den sogenannten T-Zellen, die zu den Lymphozyten, einer Untergruppe der weißen Blutkörperchen gehören und ein biologisches Gedächtnis für Krankheitserreger aufweisen, mit denen sie bereits konfrontiert worden sind. Tatsächlich werden die T-Zellen auch als Hauptgrund für die sogenannte Kreuzimmunität in weiten Teilen der Bevölkerung gegen SARS-CoV-2 angenommen.21 Hierfür reicht offenbar der Kontakt zu anderen Corona-Viren aus, die das Immunsystem in der Vergangenheit trainiert haben. Interessant hierzu ist z.B. eine Studie der Universität in Tübingen, bei der Blutkonserven, aus der Zeit bevor das Corona-Virus sich verbreiten konnte, untersucht wurden. Bei 81 Prozent der untersuchten Spender konnten kleine Mengen an T-Zellen nachgewiesen werden, die Virusbestandteile von SARS-CoV-2 erkennen.22 Dies würde ja auch sehr gut zu den 80 Prozent aller Infizierten passen, die laut WHO einen milden oder symptomfreien Verlauf haben.23  Eine T-Zellen-Immunität liegt auch häufig vor, wenn nach einem milden Krankheitsverlauf keine Antikörper festzustellen sind.24 Gibt es denn eigentlich auch schon Erkenntnisse, was das Risiko einer erneuten Ansteckung betrifft? Zur Re-Infektion gibt es tatsächlich einige Daten.25 In der Regel ist die Gefahr für Zweitinfektionen sehr gering, und der Verlauf scheint harmloser zu sein. Das Problem ist aber sicher, dass man noch zu wenig weiß, um welche Varianten es sich jeweils handelt und ob man sozusagen tatsächlich von Re-Infektion oder doch besser von Zweitinfektion reden muss, zudem wissen wir nicht sicher, inwieweit eine „Re- Infektion" auch vom tatsächlich individuell vorhandenen Schutz nach erster Infektion und z.B. von einer Höhe der Antikörper oder von sonstigen immunologischen Vorgängen abhängt. Das ist ja auch wie bei einer Grippe – geht man von Mutationen aus, kann man sich ja jedes Jahr quasi wieder anstecken – warum sollte das (leider) nicht auch beim Coronavirus der Fall sein? Ich bin sehr optimistisch, dass der anrückende Sommer den saisonalen SARS-CoV-2 Viren, wie im letzten Jahr, wieder den Garaus machen wird. Hoffentlich klappt es, dass wir uns dann spätestens am 1. August im Rahmen des Wörthseetriathlons wiedersehen. Immerhin fordert ja inzwischen sogar die „Gesellschaft für Aerosolforschung“26 quasi eine Rückkehr zur Normalität, was sämtliche Aktivitäten im Freien betreffen. Wie hoch schätzt du denn die Ansteckungsgefahr im Freien ein? Auch bezüglich der Ansteckungsgefahr im Freien habe ich bisher nur das mitgekriegt, was die Gruppe um Herrn Scheuch sagt. Offenbar gibt es Daten aus Irland, die dieses untermauern. Ich denke, man muss bei all diesen Dingen sagen, dass da noch viele Unklarheiten bestehen, und sicher nicht immer einzelne Studien gleich die absolute Wahrheit bedeuten. Mir scheint es jedenfalls möglich, zumindest unter Einhalten gewisser Abstandsregeln und Minimierung einer körperlichen Nähe draußen die Gefahr von Ansteckungen deutlich zu reduzieren. Man muss es sozusagen wagen, aber vielleicht will es aus Vorsicht auch keiner offiziell erlauben. Problematisch wird es da eher, wo man zwischen diversen Sportarten die Grenzlinie zieht – sicher sind Individualsportarten wie Laufen oder Triathlon gegenüber Mannschaftssportarten im Vorteil. Lieber Axel, noch einmal vielen herzlichen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Gespräch genommen hast. Ich hoffe es trägt dazu bei, dass es bei allen, die es lesen, die Motivation noch einmal erhöht, Sport zu treiben und aufzeigt, dass wir sehr viel selbst dazu beitragen können, um uns gegen eine schwere Erkrankung durch SARS-Cov-2 zu wappnen. Darüber hinaus gibt es natürlich noch viele weitere positive Effekte. Zum Beispiel reduziert sich durch regelmäßigen Sport das Risiko für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems auf ein Minimum und auch das Risiko für Krebserkrankungen lässt sich deutlich reduzieren. Immerhin sind dies unsere mit Abstand beiden schlimmsten „Volkskrankheiten“. Im Jahr 2019 verstarben in Deutschland 331.200 Menschen an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung und 231.300 Menschen an Krebs, was zusammen immerhin ca. 60 Prozent aller Todesursachen ausmacht.27  Zudem führt Sport neben den positiven Auswirkungen auf Gesundheit und Psyche, meiner Beobachtung nach auch zu mehr Bewusstsein im Umgang mit uns selbst, sowohl auf körperlicher als auch auf geistiger Ebene, den Mitmenschen und unserer Umwelt. Alles wichtige Faktoren, die wir dringend benötigen, um das Ökosystem unseres Planeten auch für die nächsten Generationen zu bewahren. Sport ist also ein echtes All-Heil-Mittel! Lieber Maxi, das kann ich nur unterstreichen, gerade auch in Bezug auf die von Dir angesprochene allgemeine Wirkung von Sport und Bewegung in der Medizin, ganz unabhängig von Corona. Aktuell scheint die Entwicklung der Fallzahlen ja auch zum Glück in die richtige Richtung zu gehen, vielleicht unterstützt durch die Impfungen und das zunehmende Sommerwetter, und ich kann Euch als Veranstalter nur wünschen, dass der Wörthsee-Triathlon und natürlich auch andere Sportveranstaltungen endlich wieder stattfinden können! Quellenverzeichnis: 1 Brawner CA et al., Mayo Clin Proc 2021;96:32 2 https://www.zeitschrift-sportmedizin.de/sport-wie-eine-impfung-fuer-das-immunsystem/ 3 https://www.dge.de/wissenschaft/weitere-publikationen/fachinformationen/vitamin-d-und-covid-19/ 4 Grant WB et al., Nutrients 2020;12:3741 5 Li J et al., J Am Coll Cardiol 2020;76:2181 6 Irwin M et al., Biol Psychiatry 2016;80:40  7 Dimitrov S et al., J Exp Med 2019;216:517 8 Sallis R et al., BMJ, 2021 9 Li Q., Morimoto K., Kobayashi M. et al (2008), Journal of Immunopathology and Pharmacology, Vol.21, Iss. 1, S117-127 10 O´Hearn M et al., J Am Heart Assoc 2021;10:e019259 11 https://www.sportschau.de/breitensport/studie-muenster-bewegungsmangel-kinder-100.html /  12 Kauer-Berk O et al., Forum Kind Jugend Sport 2020;1:100 13 https://www.zeitschrift-sportmedizin.de/dzsm-mitteilungen/dgsp-warnt-vor-inaktivitaet-waehrend-der- coronavirus-pandemie/ 14 Emeny RT et al., Neuropsychopharmacology 2018;43:342 15 Claussen MC et al., Dtsch Z Sportmed 2020;71:E1-E2 16 Kim JH et al., JAMA Cardiol 2021;6:219 17 Martinez MW et al., JAMA Cardiol 2021, published online March 4 18 Piroth L et al., Lancet Resp Med 2021;9:251 19 Mapelli M et al. Eur Resp J 2021, published online March 7 20 https://phe-newsroom.prgloo.com/resources/bx1f8-t9rue-d3pj3-0uv7s-q2f8k 21 Sette A. Und Crotty S. (2020), Nature, Vol. 20, S. 457-458 22 https://www.medizin.uni-tuebingen.de/de/das-klinikum/pressemeldungen/300 23 Deutsche Lungenstiftung (2020), in: Lungenärzte im Netz 24 Sekine T., Perez-Potti A., Rivera-Ballesterosos O. et al., Cell 2020;08:017  25 https://www.sciencemediacenter.de/alle-angebote/rapid-reaction/details/news/interpretation-von- reinfektionen-im-lichte-der-sars-cov-2-varianten/ 26 http://docs.dpaq.de/17532-offener_brief_aerosolwissenschaftler.pdf 27 https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Todesursachen/_inhalt.html